Finanzen

Was empfiehlt eine Fachperson bezüglich der Finanzierung von energetischen Sanierungen?

Wann der richtige Zeitpunkt für eine energetische Sanierung ist, was es bei der Hypothek zu beachten gilt oder welche Steuererleichterungen möglich sind – das Interview mit Roland Altwegg, Leiter Neue Geschäftsmodelle und Ökosysteme bei Raiffeisen Schweiz, klärt die wichtigsten Fragen rund um die Finanzierung von energetischen Sanierungen.

Was müssen Hauseigentümerinnen und -eigentümer bei der Planung der Finanzierung beachten?

Instandhaltungs-, Instandsetzungs- und Erneuerungsplanungen sind eine Daueraufgabe, die mit Investitionskosten verbunden sind. Es ist somit auch eine Daueraufgabe, sich mit der langfristigen finanziellen Planung der zukünftigen Investitionen zu befassen.

 

Demographische Veränderungen, aber auch Gesetze, Vorschriften und technologischer Fortschritt erfordern von Hauseigentümerinnen und -eigentümern über die Zeit Instandsetzungs- resp. Erneuerungsmassnahmen. Bei Erneuerungen bestimmt das Objekt die Machbarkeit dieser Massnahmen.

 

Der Bauerneuerer bzw. die Bauerneuerin muss mittels Diagnosemethoden herausfinden, wieviel Restwert in einem Gebäude steckt und was für die künftige Nutzung bestmöglich umgesetzt werden kann unter Berücksichtigung der zum Erneuerungszeitpunkt vorhandenen Möglichkeiten, die durch die erwähnten drei Einflussgrössen vorgegeben werden.

 

Wie sehen solche Diagnosemethoden aus?

Die strategische Diagnose beurteilt interdisziplinär bautechnische Fragen, den Markt, die (Nutzer-)Bedürfnisse und den Standort. Zur Bestimmung der Restlebensdauer muss zusätzlich das Erstellungsjahr von diversen Bauteilen eruiert werden.

 

Mit der technischen Diagnose wird der Grundstein für ein nachhaltiges Projekt gelegt. Sie wird im Team – gemeinsam mit Fachpersonen wie Bauphysikerinnen, HT-, Bau- und Elektroingenieure und Fassadenplanerinnen – erarbeitet. Sie beurteilt den Zustand und das Alterungsverhalten von einzelnen Elementen wie Bauteile, Bauteilgruppen und Räume.

 

Wie unterscheidet sich das Vorgehen bei einer Sanierung von demjenigen bei einem Neubau?

Eine Sanierung ist insbesondere dann sinnvoll, wenn der Restwert positiv ist. Der Planungsprozess verläuft deshalb völlig anders als beim Neubau. Dies ist den Verantwortlichen oft nicht bewusst. Es gelten die folgenden beiden Grundsätze:

  • Der Bau bestimmt die künftige Nutzung:
    Jedes Gebäude hat seinen unverwechselbaren Fussabdruck. Die ursprünglichen Planungsgedanken bleiben bei einem Gebäude wie bei einem Fingerabdruck bestehen. Sie zwingen die Eigentümerinnen und Eigentümer 40 oder 50 Jahre später so zu handeln, wie es durch die damalige Disposition vorgegeben wurde. Dies nicht zu tun, ist nur mit hohem finanziellem Aufwand möglich.
  • Nutzen Sie Restwerte:
    Bauerneuerung ist die Kunst, mit einem Maximum an Restwerten und mit möglichst geringen Neuinvestitionen ein neues marktgängiges Ganzes zu schaffen!

Wann ist der richtige Zeitpunkt?

Hauseigentümerinnen und Hauseigentümer sollten mit einer strategischen Planung alle zehn Jahre eine Standortbestimmung, eine Beurteilung des Markts (Nutzungsdiagnose), des Umfelds, des technischen Gebäudezustands etc. vornehmen. Der künftige Zweck für die nächsten 20 bis 30 Jahre ist zu klären und die neue/angepasste Objektstrategie konsequent umzusetzen, denn besser keine als eine falsche Investition.

 

Ist eine etappenweise Sanierung finanziell sinnvoller als eine einmalige?

Dies kommt auf die jeweilige Ausgangslage an. Vor allem bei Gesamtsanierungen resp. bei umfassenden Massnahmen ist bei vermieteten Objekten auch auf die Vereinbarkeit mit den bestehenden Mieterinnen und Mietern zu achten. Aus praktischen Gründen, aber auch zur steuerlichen Optimierung kann es sinnvoll sein, das Sanierungskonzept in Etappen umzusetzen. Bei umfassenden Sanierungen kann es aber auch sinnvoll sein, die Massnahmen in einem gesamten Konzept zu kombinieren, um Zusatzkosten und Planungsfehler zu vermeiden. Hauseigentümerinnen und -eigentümer sollten genau abwägen, ob eine Gesamtsanierung oder die Etappierung in ihrem Fall vorteilhafter ausfällt. Es empfiehlt sich grundsätzlich, die Bank und weitere Stakeholder frühzeitig in die Planung miteinzubeziehen.

 

Was muss bei Hypotheken für die Sanierung eines Mehrfamilienhauses beachtet werden?

Es muss die max. Wiederaufstockungsmöglichkeit bestimmt werden. Dabei handelt es sich um die Belehnungshöhe auf der heutigen (veralteten) Liegenschaft respektive um den maximalen Erhöhungsbetrag, der basierend auf dem neuen Liegenschaftswert nach der Erneuerung eruiert wird. Bei einer Hypothek gelten folgende Anforderungen an die Tragbarkeit:

  • Die neue Gesamthöhe der Hypothekarfinanzierung muss durch den Objekterfolg tragbar sein. Dies ist der Fall, wenn die Kosten (Hypothekarzinsen, Amortisationen, Nebenkosten abhängig von der Objektqualität) durch den Objekterfolg gedeckt sind.
  • Die Besonderheit der Tragbarkeitsberechnung besteht darin, dass für die Ermittlung der laufenden Hypothekenkosten nicht mit aktuellen, sondern mit langjährig durchschnittlichen Zinsen gerechnet wird.
  • Die Hypothek darf die Höchstbelehnungsgrenzen des zukünftigen Verkehrswerts der Immobilie (unter Berücksichtigung der wertvermehrenden Massnahmen) nicht überschreiten.

Mindestanteil an Eigenmitteln am Belehnungswert
Am 1.1.2020 traten revidierte Richtlinien der Schweizerischen Bankiervereinigung in Kraft. Bei Hypothekarfinanzierungen von Wohnrenditeobjekten beträgt der Mindestanteil an Eigenmitteln am Belehnungswert 25 % (früher 10 %). Eine allfällige Differenz zwischen höherem Kaufpreis resp. höherem Investitionsbedarf und tieferem Belehnungswert ist zusätzlich vollständig durch Eigenmittel zu finanzieren («Niederstwertprinzip»). Bei Renditeobjekten ist die Hypothekarschuld neu innert maximal zehn Jahren auf zwei Drittel des Belehnungswertes der Liegenschaft zu amortisieren (bislang 15 Jahre).

 

Was geschieht mit der Hypothek bei etappenweiser Sanierung oder bei unplanmässigen Änderungen?

Die Lösung ist eine tranchenweise Auszahlung im Rahmen des Baufortschritts.

 

Gibt es Steuererleichterungen für energetische Sanierungen?

Investoren (mit Liegenschaften im Betriebsvermögen) können die Investitionen nicht direkt von den Steuern abziehen. Diese fliessen als Negativposten in die Jahresrechnung und wirken danach in Form eines tieferen Jahresgewinns steuermildernd. Private Eigentümerinnen und Eigentümer (mit Liegenschaften im Privatvermögen) können hingegen von Steuerabzügen bei energetischen Massnahmen profitieren. Für sie gelten ab dem 1. Januar 2020 neue Steuerabzüge für energetische Sanierungen bei der direkten Bundessteuer. Neu können energiesparende und umweltschonende Investitionen auf bis zu drei aufeinanderfolgende Steuerperioden verteilt werden. Dies regelt die angepasste Liegenschaftskostenverordnung im Rahmen der Energiestrategie 2050.

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