Kommunikation

Wie ist der Telli-Siedlung in Aarau eine erfolgreiche energetische Sanierung in bewohntem Zustand gelungen?

Zwei Gebäudezeilen der ikonischen Telli-Siedlung in Aarau mit insgesamt rund 1200 Mieterinnen und Mietern wurden energetisch saniert. Die Sanierung wurde in bewohntem Zustand durchgeführt. Profitiert von diesem Vorgehen haben sowohl die mietende als auch die vermietende Partei. Ermöglicht wurde es durch eine akribische Planung und den kontinuierlichen Dialog zwischen Mieter- und Vermieterschaft.
energetische Sanierung Telli-Quartier
Das Telli-Quartier ist ein einzigartiger Wohnort in Aarau.
Foto: © AXA Anlagestiftung | Sophie Stieger

Zwei der vier Gebäudezeilen der Telli-Siedlung in Aarau befinden sich im Besitz der AXA Anlagestiftung. Die beiden Gebäude wurden in den 70er- bzw. 80er-Jahre gebaut und stehen unter Schutz. Um den Energiebedarf der Gebäude zu reduzieren und gleichzeitig die Attraktivität der Wohnungen zu erhöhen, beschloss die AXA Anlagestiftung, eine energetische Sanierung vorzunehmen. Die Fassade wurde gedämmt, die Fenster durch dichtere und grössere ersetzt, eine moderne Lüftung installiert und ein Anschluss ans Fernwärmenetz erstellt. Gleichzeitig erhielten die Wohnungen einen markant vergrösserten Westbalkon.

 

Identitätsstiftende Gemeinschaft

Mit ihrer ganzheitlichen Sicht auf die Nachhaltigkeit war für die AXA Anlagestiftung klar, dass bei der Sanierung nicht nur ökologische, sondern auch soziale Aspekte beachtet werden müssen. Viele Mieterinnen und Mieter wohnen bereits seit vielen Jahren im Telli. Die unterschiedlichen Menschen und verschiedenen Generationen prägen die Identität des Quartiers, das aufgrund der hohen Bedeutung der Gemeinschaft Kultstatus hat. Die AXA Anlagestiftung beschloss unter anderem deshalb, die Sanierung in bewohntem Zustand durchzuführen und keine Leerkündigungen auszusprechen.

 

Akribische Planung

Eine Sanierung von fast 600 Wohnungen in bewohntem Zustand erfordert einerseits eine gründliche Planung und andererseits einen kontinuierlichen Dialog zwischen allen Beteiligten. Während einer Planungsphase von viereinhalb Jahren wurden alle Vorkehrungen getroffen, damit Einschränkungen, Lärm und Staub während der Bauarbeiten auf ein Minimum reduziert und den Mietenden verschiedene Unterstützungsmassnahmen angeboten werden konnten. Die Zürcher Agentur s2r.gmbh, die städtebauliche Transformationsprozesse begleitet und soziale Nachhaltigkeit in die Entwicklung integriert, wurde beauftragt, ein Kommunikations- und Partizipationskonzept für den gesamten Sanierungsprozess zu erarbeiten und dessen Umsetzung zu begleiten. Eine erste Informationsveranstaltung fand bereits 2018, rund zwei Jahre vor Baubeginn, statt. Ab 2019 wurden verschiedene Kommunikationskanäle regelmässig bespielt.

 

Kontinuierlicher Dialog

«Vor allem ältere und langjährige Mieterinnen und Mieter erschraken erst einmal, als sie über das Riesenprojekt informiert wurden», erzählt Debora Suter, Projektleiterin bei s2r.gmbh. «Dank der Kontinuität in der Kommunikation und einem sehr persönlichen Austausch mit verschiedenen Anlaufstellen konnte aber Vertrauen aufgebaut werden und mit der Zeit entstand eine Gemeinschaft im Sanierungsprozess», ergänzt Debora Suter. Neben regelmässigen Informationsveranstaltungen wurden zahlreiche weitere analoge und digitale Kommunikationskanäle eröffnet, auf denen sich die Mietende informieren sowie mit den anderen Akteuren in den Dialog treten konnten. Die Kommunikationsmassnahmen umfassten neben Flyern, Broschüren oder der digitalen Plattform beUnity auch das Tellicafé und das Radio Tellifon. Der Name Tellicafé stand für eine persönliche Anlaufstelle in einem Baucontainer vor Ort. Dort konnten sich die Mieterinnen und Mieter direkt mit Vertretenden der Bewirtschaftung und einer Ansprechperson aus dem soziokulturellen Bereich austauschen, die unter anderem Unterstützungsmassnahmen organisierte. Das Radio Tellifon bezeichnete eine Gratistelefonnummer, über welche insbesondere ältere Mietende ohne digitale Geräte News und Geschichten von der Baustelle hören konnten. Das Kommunikations- und Partizipationskonzept hat sich ausbezahlt. Mehr als drei Viertel aller Mieterinnen und Mieter sind dem Telli-Quartier treu geblieben.

 

Positives Fazit

Nach viereinhalb Jahren Planung und drei Jahren Bau ist es Zeit für ein Fazit: Der Entscheid für eine Sanierung in bewohntem Zustand hat sich gelohnt. Die Mieterinnen und Mieter erfreuen sich an ihren hellen Wohnungen mit ausgezeichnetem Raumklima und profitieren von tieferen Nebenkosten. Die AXA Anlagestiftung konnte ihre Gebäude zu einer ökologisch vorbildlichen Siedlung aufwerten, die langfristig Bestand hat und profitiert aufgrund der zufriedenen Mieterschaft von tieferen Fluktuationsraten. Und auch die Umwelt dankt: Der Wärmeverbrauch wird um die Hälfte reduziert. So werden pro Jahr rund 1000 Tonnen CO2 weniger ausgestossen. Nach Abschluss der Sanierung sind die beiden Gebäudezeilen mit dem Standard Nachhaltiges Bauen Schweiz (SNBS) zertifiziert.

Instrumente und Links
s2r.gmbh Auf soziale Nachhaltigkeit spezialisierte Agentur, die bauliche Transformationsprozesse mit partizipativen und kommunikativen Massnahmen begleitet
Telliportal Informationsportal der Telli-Siedlung
Standard Nachhaltiges Bauen Schweiz (SNBS) Übergreifendes Konzept für das nachhaltige Bauen in der Schweiz des Netzwerks Nachhaltiges Bauen Schweiz (NNBS)