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Was bringt ein Energiespar-Contracting und was gilt es als Vermieter/in zu berücksichtigen?

Energiespar-Contracting ist ein marktwirtschaftliches Modell zur Durchführung von Energiesparmassnahmen. In Wohnliegenschaften wird es bisher erst wenig eingesetzt. Eine Verordnungsrevision soll dies ändern.

«Wir werden Ihnen kostenlos eine Dampfmaschine überlassen. Wir werden diese installieren und für fünf Jahre den Kundendienst übernehmen. Wir garantieren Ihnen, dass die Kohle für die Maschine weniger kostet, als Sie gegenwärtig an Futter für die Pferde aufwenden müssen, die die gleiche Arbeit tun. Und alles, was wir von Ihnen verlangen, ist, dass Sie uns einen Drittel des Geldes geben, das Sie sparen.»

 

Mit diesen Worten soll James Watt (1736 bis 1819) für seine Dampfmaschine geworben haben. Auch wenn der schottische Erfinder das Wort Energiespar-Contracting wohl nicht in den Mund genommen hat, wird er gerne als Schöpfer dieser Idee zitiert.

 

Zwei Varianten des Energiespar-Contractings (ESC)

Beim Energiespar-Contracting handelt es sich um einen Vertrag zwischen einem Energiedienstleister und einem Kunden – zum Beispiel einer Liegenschaftseigentümerin bzw. einem Liegenschaftseigentümer im Wohnbereich. Neben dem Energiespar-Contracting gibt es übrigens noch das in der Schweiz stärker verbreitete Energieliefer-Contracting, bei welchem nicht die Energieeinsparung, sondern die Energielieferung im Zentrum steht. Diese Form wird hier nicht vorgestellt. Es gibt zwei Varianten, wie das Energiespar-Contracting ausgestaltet werden kann.

 

Erstes Modell: «Einspargarantie»

In dieser Variante, die international auch als guaranteed savings bezeichnet wird, finanziert der Liegenschaftseigentümer die energetischen Arbeiten aus dem eigenen Portemonnaie. Der Energiedienstleister setzt die Massnahmen um und garantiert eine bestimmte Energieeinsparung. Nehmen wir an, der Kunde hat vor den Massnahmen jährliche Energiekosten von 200 000 Franken. Es wird ein Energiesparziel von jährlich 20 % respektive 40 000 Franken festgelegt. Wird dieses definierte Einsparziel nicht erreicht und der Kunde hat jährliche Energiekosten von 170 000 Franken statt der angezielten 160 000 Franken, zahlt der Energiedienstleister eine Strafgebühr – in der Regel die Differenz zwischen den tatsächlichen Energiekosten und dem Energiesparziel, in diesem Fall also 10 000 Franken. Wird das Energiesparziel hingegen übertroffen und der Kunde kann seine Energiekosten zum Beispiel auf 140 000 Franken reduzieren, dann zahlt der Kunde dem Energiedienstleister einen vertraglich vereinbarten Bonus, welcher beispielsweise dem zusätzlich eingesparten Betrag entspricht, in diesem Fall 20 000 Franken. Der Kunde hat bei diesem Modell Investitionssicherheit: Er weiss, dass er seine Energiekosten gemäss Ziel wird senken können.

 

Zweites Modell: «Energiedienstleister finanziert»

In dieser Variante finanziert der Energiedienstleister die Sanierungskosten über die zukünftigen Energiekosteneinsparungen. Der Kunde muss also für die Umsetzung der Massnahmen kein Geld in die Hand nehmen – allerdings ist zumindest ein Grossteil des durch die tieferen Energiekosten eingesparten Betrags für den Energiedienstleister bestimmt. International spricht man bei diesem Vorgehen auch von shared savings. Shared, weil vertraglich vereinbart wird, wie viel der Einsparungen dem Energiedienstleister zufliesst und wie viel der Kunde behält. Für den Kunden hat dieses Vorgehen den Vorteil, dass er freier über seine Finanzmittel verfügen und diese zum Beispiel in einem Zusatzprojekt einsetzen kann.

 

Sowohl in der ersten als auch in der zweiten Variante ist es im Interesse des Energiedienstleisters, möglichst hohe Einsparungen zu erzielen, wovon schlussendlich auch der Liegenschaftseigentümer profitiert – es besteht somit eine Win-Win-Situation. Entsprechend spielt das Monitoring der Massnahmen und die ständige Überwachung des Energieverbrauchs eine wichtige Rolle: Der Energiedienstleister wird auf ein offenes Fenster in der Waschküche oder ein ständig brennendes Licht im Treppenhaus aufmerksam machen.

 

Vorteile des Energiespar-Contractings

  • Komplettes Dienstleistungspaket aus einer Hand (Installation, Wartung, Betrieb, Messung, Schulung, Finanzierung, Ansprechpartner)
  • Kunde kann sich auf sein Hauptgeschäft konzentrieren.
  • Risikoverschiebung
  • CO2-Einsparungen
  • Komfortsteigerung (besseres Klima etc.)
  • Wert der Liegenschaft erhöht sich.
  • Spätestens nach der Vertragslaufzeit profitiert man von Kosteneinsparungen.
  • Das Energiespar-Contracting kann energieeffiziente Investitionen im Gebäudebereich auslösen, ohne dass der Gebäudeeigentümer über umfassendes Fachwissen verfügen und hohe Investitionen tätigen muss.

Nachteile des Energiespar-Contractings

  • Inkonstantes Nutzerverhalten: Im Zusammenhang mit dem sogenannten Referenzenenergiepfad wird ein konstantes Nutzerverhalten angenommen. Mieterwechsel können jedoch zu grossen Veränderungen im Nutzerverhalten führen, was das Energiespar-Contracting zusätzlich verkompliziert. Deshalb wird es derzeit vor allem von der öffentlichen Hand und der Privatwirtschaft genutzt.
  • Tiefe Energiekosten: Die Paybackzeiten für Gebäudehüllensanierungen betragen bei den derzeitigen tiefen Energiekosten mehrere Jahrzehnte. Für Energiedienstleister ist es mit diesen Rahmenbedingungen nicht attraktiv, Sanierungskosten vorzufinanzieren (Modell «Energiedienstleister finanziert»). Und Kunden resp. Liegenschaftseigentümer wiederum dürften davor zurückschrecken, bei gleichzeitigem Abschluss jahrzehntelanger vertraglicher Verpflichtungen ihre Sanierungskosten selbst in die Hand zu nehmen (Modell «Einspargarantie»).
  • Administrativer Mehraufwand: Das Energiespar-Contracting kann zu einem gewissen administrativen Aufwand führen. Es lohnt sich deshalb eher für Liegenschaften mit einem beträchtlichen jährlichen Energieverbrauch und entsprechend hohen Energiekosten. In der Regel ist dies der Fall bei Gebäuden mit vielen Wohnungen oder wenn im Hinblick auf ein ESC ein Zusammenschluss für mehrere Objekte erfolgt.

Zunahme von Energiespar-Contracting aufgrund einer Verordnungsrevision?

Bisher gibt es in der Schweiz noch kaum Beispiele für Energiespar-Contracting im Mietwohnbereich. Doch das könnte sich ändern. Der neue Artikel 6c der Verordnung über die Miete und Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen (VMWG) sieht vor, dass die Vermieterschaft die Kosten eines Energiesparcontractings (ESC) unter bestimmten Voraussetzungen als Nebenkosten verrechnen darf (in Kraft ab 1.6.2020). Durch diese Möglichkeit sollen Energiesparmassnahmen bei Mietliegenschaften gefördert werden, ohne die Mieterschaft finanziell zu belasten. Die ESC-Kosten dürfen die Energieeinsparungskosten nicht übersteigen. Die neue Verordnungsbestimmung gilt sowohl für Wohn- als auch für Geschäftsliegenschaften. Sie erlaubt es, die ESC-Kosten unter bestimmten Voraussetzungen und für eine Zeitdauer von höchstens zehn Jahren als Nebenkosten weiterzugeben.

 

Mit den Voraussetzungen für die Weitergabe von ESC-Kosten wird sichergestellt, dass den Mietenden kein finanzieller Mehraufwand entsteht und dass keine grösseren Unterhaltsaufwendungen als Nebenkosten überwälzt werden können. Veränderungen im Mietverhältnis, die sich aus den Energiesparmassnahmen ergeben, müssen mit dem vom Kanton genehmigten Formular für einseitige Vertragsänderungen angezeigt werden.

Weiterführende Informationen
Der Bundesrat ändert die Verordnung zum Mietrecht Medienmitteilung des Bundes zur Änderung der Verordnung über die Miete und Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen (VMWG)
Website des nationalen Verbands swissesco Umfassende Informationen und Dokumente zum Thema Energiespar-Contracting